Deike bewegte den Deutschen Bundestag
Bis 2011 wurde in Deutschland in zivilen Berufungsverfahren immer öfter ohne jede mündliche Verhandlung, nur durch den schnellen Gerichtsbeschluss, entschieden. Ein Urteil im Namen des Volkes, mit dem eine Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) möglich gewesen wäre, gab es auf diese Weise nicht mehr. Ungerecht! Denn, für die Einen war der Weg zum BGH versperrt (auch für Deike) und für andere stand er offen.
Obwohl ein von uns bei Gericht vorgelegtes ärztliches Gutachten ursächliche und vermeidbare Arztfehler bei Deikes Geburt unmissverständlich bestätigte, obwohl Chefarztbehandlung vereinbart war und nicht erbracht wurde, wurde Deikes Fall von den Hamburger Richtern abgewiesen ohne jemals dem Bundesgerichtshof diesen Fall zu Überprüfung vorstellen zu dürfen. Eine wirksame Beschwerde der gerichtlichen Entscheidung beim BGH wurde somit dauerhaft verhindert.
Immer öfter hatten Patienten so das Nachsehen, immer öfter siegte in Deutschland das Recht der Stärkeren. Wir gaben nicht auf, zogen für Deike vor das Bundesverfassungsgericht: Die Karlsruher Verfassungsrichter befanden, dass Beschluss-Zurückweisungen nach § 522 ZPO (alt) der Verfahrensbeschleunigung dienten und diese der effektiven Nutzung justizieller Ressourcen dienen würden. Das Interesse an einer möglichst baldigen rechtskräftigen Entscheidung sei dem Gesetzgeber ein wesentliches Anliegen gewesen. Auch zwängen die Besonderheiten eines Arzthaftungsprozesses von Verfassungs wegen nicht dazu, von einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss Abstand zu nehmen. Für eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs der verfassungsgemäßen Vorschrift böten schon Wortlaut und Gesetzesbegründung keinen Ansatzpunkt. (1BvR 1525/08)
Der Gesetzgeber eröffnete mit diesem Gesetz aus 2002 Zivilgerichten Tür und Tor sich ohne großen Aufwand von arbeitsreichen und unbequemen Fällen für immer entledigen zu können. Gerade in komplizierten Arzthaftungssachen wurde der alte Paragraf 522 ZPO damals immer öfter angewendet. Keiner dieser durch schnellen Beschluss abgelehnten Fälle wurde jemals wieder überprüft - so wollte es der Gesetzgeber.
Auch nach der Ablehnung durch die Verfassungshüter gaben wir nicht auf, wir kämpften weiter. Das beschriebene Gerechtigkeitsdefizit in komplexen Streitigkeiten, insbesondere in Arzthaftungssachen, das wir anhand des Falls Deike jetzt öffentlich machten, führte nach und nach zu einem politischen Umdenken, Partei-übergreifend.