Neues Gesetz hilft anderen - aber nicht Deike
Hätte Deike - so, wie durch uns beabsichtigt - im Jahr 2008 den Weg zum BGH gehen dürfen, dann hätte sie damals ein Grundsatzurteil herbeigeführt, so wie ein Kläger acht Jahre später es mit "Deikes" neuem Gesetz erreicht hat: Der Tenor des Urteils aus dem Herbst 2016: „Wer im Krankenhaus Chefarztbehandlung vereinbart, darf nicht einfach von einem anderen Arzt operiert werden. Ob der Eingriff korrekt durchgeführt wird, spielt dabei keine Rolle. Das stellt der Bundesgerichtshof (BGH) in dem Urteil (Az. VI ZR 75/15) klar. Doch bevor es zu diesem Urteil in 2016 kam, verneinten (wie bei Deike) sowohl das beteiligte LG als auch das OLG eine Haftung der Ärzte. Das OLG wies diesen Fall von grundsätzlicher Bedeutung ebenfalls per § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurück, nur eben nach der neuen, durch Deike herbeigeführten Gesetzesversion.
Im Gegensatz zu Deikes Fall, acht Jahre vorher (ihr Fall wurde nach § 522 ZPO, alt abgelehnt), konnte dieser Kläger den Weg der Nichtzulassungsbeschwerde gehen und somit vor dem BGH 2016 siegen. Deike durfte die Nichtzulassungsbeschwerde bekanntlich mit dem alten Gesetz nicht einmal erheben, ihr blieb der Zugang zum BGH bekanntlich dauerhaft versperrt. Und auch die Verfassungsrichter meinten ja damals bei Deikes Verfassungsbeschwerde noch, die Besonderheiten eines Arzthaftungsprozesses zwängen von Verfassungs wegen nicht dazu, von einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss Abstand zu nehmen. Nach dem Wortlaut der neuen Vorschrift und der Gesetzesbegründung darf heute namentlich in Arzthaftungssachen der 522 ZPO Abs 2 nicht mehr angewendet werden.
Es freut uns natürlich sehr, dass ein Grundsatz-Urteil (das wir bezogen auf die nicht erbrachte Chefarztbehandlung gerne schon acht Jahre früher mit dem Fall Deike herbeigeführt hätten) in Zukunft wenigstens vielen anderen geschädigten Patienten helfen kann. Deike jedenfalls half auch dieses Urteil nicht, weil ihr Fall nach dem damals geltenden Gesetz blockiert worden ist.
Politisch Verantwortliche erkannten und benannten noch einige Jahre zuvor gerade diese rechtsstaatlichen Unwuchten im Gesetz, sie zeigten im Plenum des Bundestages auf, welche gravierenden Auswirkungen, die fehlsame und missbräuchliche Anwendung des alten § 522, Abs. 2 ZPO im Berufungs-Verfahren unserer Tochter Deike hatte.
Die moralische Verpflichtung Deutschlands auch im Fall Deike wenigstens symbolische Verantwortung zu übernehmen, für eine Gesetzgebung, die offensichtlich Unrecht anrichtete, ist bis zu Deikes Tod leider ein Traum geblieben.